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25.06.2021

SPÖ NÖ bringt Antrag zur Anstellung pflegender Angehöriger ein

Die SPÖ NÖ hat einen Antrag zur Anstellung pflegender Angehöriger eingebracht. Damit soll den massiven Personalproblemen im Pflegebereich entgegengetreten, für verbesserte Arbeitsbedingungen, für arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Absicherung der Angehörigen gesorgt und für zu Pflegende die Pflege in den eigenen vier Wänden erleichtert werden, berichteten die Vizepräsidentin des Bundesrates Doris Hahn und Karl Hava, Volkshilfe Bezirksvorsitzender Tulln-Klosterneuburg, anlässlich einer Pressekonferenz in Tulln.


Hahn umriss den Fahrplan für das Pilotprojekt: „Start soll spätestens im Herbst dieses Jahres sein, der Projektzeitraum sollte etwa drei Jahre betragen und laufend einer begleitenden Evaluierung unterzogen werden. Das Modell soll anschließend flächendeckend in Niederösterreich ausgerollt werden. Diese Möglichkeit der Anstellung von pflegenden Angehörigen ist deshalb auch so wichtig, da sich einer aktuellen Studie zufolge die Hälfte des ohnehin schon zu geringen Pflegepersonals mit einem Jobwechsel beschäftigt!“


Neben einer rechtlichen Absicherung spielt auch eine solide Grundausbildung eine zentrale Rolle: „Für das Pilotprojekt sollen bis zu 500 pflegende Angehörige bei der NÖ Landes-Gesundheitsagentur, oder einer zu gründenden Tochtergesellschaft, angestellt werden. Dadurch erhalten diese Personen erstmals eine arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Absicherung für diese wichtige Tätigkeit. Dazu erforderlich ist eine verpflichtende Grundausbildung im Umfang von 150 Stunden (Anm.: 100 Stunden Theorie, 50 Stunden Praxis). Zusätzlich wird es während der Zeit der Pflege regelmäßige Besuche von diplomierten Gesundheits- und Pflegepersonen geben, um sich ein Bild über erbrachte Leistungen zu machen und den Zustand der zu pflegenden Personen zu überprüfen.“, so Hahn.

 

„Die pflegenden Angehörigen stellen mit 91.715 Personen (2020) die größte Gruppe der Pflegenden dar“, erläutert Karl Hava von der Volkshilfe. Teilweise nehmen die pflegenden Angehörigen die Angebote einer sozialen Dienstleistungsorganisation in Anspruch, zum Teil betreuen sie ihre Angehörigen ohne Unterstützung, pflegen ihre Angehörigen neben einer beruflichen Tätigkeit oder gehen keiner Erwerbstätigkeit nach. Das vorgeschlagene Modell wäre vor allem für jene pflegenden Angehörigen attraktiv, die aufgrund der Pflege ihrer Angehörigen nicht berufstätig sein können. Genau für diese Personengruppe bietet das Modell umfassende arbeits- und sozialrechtliche Absicherung.

„Daher begrüßt die Volkshilfe NÖ jede Erweiterung des Angebotes für hilfsbedürftige Menschen und alle Maßnahmen, die zur Entlastung der pflegenden Angehörigen führen.“, ergänzt der Volkshilfe Bezirksvorsitzende.


Abschließend erläuterte die Bundesrätin, dass sich dieses Modell im Burgenland bereits bewährt hat: „Im Burgenland gibt es dieses SPÖ-Modell bereits und es hilft, Druck aus dem Pflegesystem zu nehmen! Zusätzlich sind die pflegenden Angehörigen umfassend arbeits- und sozialversicherungsrechtlich abgesichert und erwerben neben dem Einkommen aus dem Arbeitsverhältnis eben auch Beitragszeiten für die Pension, was wiederum hilft, im späteren Leben nicht in Altersarmut zu schlittern! Das Potential dieses Modells ist also enorm, um dem Personalmangel im Pflegebereich endlich entgegenzutreten, für verbesserte Arbeitsbedingungen zu sorgen und den Pflegebedürftigen eine optimale Pflege in ihrem gewohnten Umfeld zu ermöglichen! Zusätzlich hilft es, das Ziel der 80.000 neuen Jobs in Niederösterreich zu erreichen, um für Vollbeschäftigung im Bundesland zu sorgen!“


Bei den über 80-Jährigen ist in den nächsten vier Jahren allein im Bezirk Tulln mit einem Anstieg auf 7.448 Menschen zu rechnen, bis 2035 sogar auf 8.747. Den Herausforderungen dieser Bevölkerungsentwicklung, muss mit rechtzeitigem Handeln entschieden entgegengewirkt werden. Pflegebedürftigkeit darf nicht mit der Angst der Altersarmut einhergehen. Ein erster Schritt dazu wurde bereits mit der Abschaffung des Pflegeregress getan.


Besonders in entlegenen Gemeinden ist es für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen besonders schwer, Unterstützung zu finden. Es gibt derzeit keine zentrale Anlaufstelle, die Fragen beantwortet oder Hilfestellen koordiniert. Egal, ob Essen auf Rädern, Haushaltshilfe oder einen mobilen Friseur – eine einfache, zentrale Organisation ist meist nicht möglich. Dazu kommt: Plätze in Pflegewohnheimen sind nochmal schwieriger als in Städten oder großen Gemeinden zu bekommen. Der Bedarf an Pflegeheimplätzen in Niederösterreich wird bis 2025 von derzeit 10.238 auf 12.524 steigen. Bis 2035 ist eine Steigerung auf 13.719 Betreuungsplätze zu erwarten.


456.000 Menschen – und damit mehr als Vorarlberg Einwohner hat – sind bereits heute in Österreich auf Pflegeleistungen angewiesen, im Jahr 2050 werden es rund 750.000 Personen sein. Um die Versorgung dieser decken zu können und einen Kollaps des Pflegesystems zu vermeiden, wird es daher rund 40.000 zusätzliche Fachkräfte in der Langzeitpflege brauchen. 


Foto v.l.n.r.: Karl Hava, Volkshilfe Bezirksvorsitzender Tulln-Klosterneuburg, Vizepräsidentin des Bundesrates Doris Hahn und Valentin Mähner, Jugendgemeinderat in Tulln


Photocredit: Böswart

Sozialdemokratie drängt auf rasche Lösungen im Pflegebereich; Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Absicherung als wichtiger Baustein des Pilotprojekts in Niederösterreich